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Die Aufgabe des Schaffenden besteht darin, Gesetze aufzustellen, und nicht-Gesetzen zufolgen. Wer gegebenen Gesetzen folgt, hört auf, ein
Schaffender zu sein.

Ferruccio Busoni

Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst

10 GRUNDSÄTZE ZUR STADTBAUKUNST HEUTE

HERAUSGEGEBEN VOM DEUTSCHEN INSTITUT FÜR STADTBAUKUNST AN DER TU DORTMUND | April 2010
1. STADTTHEORIE. Komplexität statt Reduktion
Stadtbaukunst muss alle Aspekte der Stadt umfassen und ihnen Gestalt geben. Städte lassen sich nicht auf einzelne Aspekte und deren Bewältigung durch einzelne Disziplinen reduzieren.
2. STADTBILD. Städtebau statt Fachplanung
Das Stadtbild entsteht aus der bewussten Anordnung und Gestaltung städtischer Bauwerke und bedarf eines auf dauerhafte Schönheit bedachten Städtebaus. Die Vernachlässigung des überkommenen Stadtbildes in der Stadtplanung, die durch die Trennung der unterschiedlichen Planungsbereiche verursacht wird, verhindert die Entwicklung umfassend qualitätvoller Lebensorte.
3. STADTARCHITEKTUR. Gebautes Ensemble statt individualistischer Eventarchitektur
Städtische Architektur muss Ensembles mit ausdrucksreichen Fassaden bilden und ein gegliedertes Ganzes von zusammenhängender Textur und Substanz schaffen. Ausschließlich individualistische Eventarchitektur löst den städtischen Zusammenhang und die Verständlichkeit des öffentlichen Raums auf.
4. STADTGESCHICHTE. Langfristige Stadtkultur statt kurzfristiger Funktionserfüllung
Städtebau ist eine kulturelle Tätigkeit, die auf historischer Erfahrung und Bildung aufbaut. Vorgeblich wissenschaftliche Modelle und spontan verfasste Leitbilder wie beispielsweise die „verkehrsgerechte Stadt“ verkennen den langfristigen und umfassenden Charakter der Stadt.
5. STADTIDENTITÄT. Denkmalpflege statt Branding
Die Identität der Stadt entsteht durch ihre langfristige Geschichte sowie die Pflege ihrer Denkmäler, ihres Stadtgrundrisses und ihrer Baukultur. Individualistisches Branding verleugnet die bestehenden Eigenheiten des Ortes und leistet dem Identitätsverlust im Zeitalter der Globalisierung Vorschub.
6. STADTGESELLSCHAFT. Stadtquartier statt Wohnsiedlung und Gewerbepark
Das Stadtquartier mit Funktionsmischung und architektonisch gefassten Räumen bildet das Grundelement der auf vielfältigen Lebensweisen beruhenden Stadt. Monofunktionale Siedlungen sowie Einkaufs- und Gewerbeparks vor der Stadt zerstören die Urbanität und verhindern die Identifikation der Stadtgesellschaft mit ihrer Stadt.
7. STADTPOLITIK. Stadtbürger als Gestalter statt anonymer Immobilienwirtschaft
Städtisches Bauen soll vor allem von verantwortungsbewussten Bürgern als künftigen Nutzern getragen werden und auf einem gleichberechtigten Zugang zu einem auf der Parzelle gegründeten Bodenmarkt beruhen. Institutionelle Bauträger wie öffentliche Wohnungsbaugesellschaften oder Immobilienfonds ohne langfristiges Interesse an der Qualität des Ortes schaffen keine guten Stadtbauten.
8. STADTÖKONOMIE. Einzelhandel statt Ketten
Die Stadtökonomie sollte stärker vom diversifizierten innerstädtischen Einzelhandel und Gewerbe getragen werden. Allein Großketten und ausgelagerte Großbetriebe machen die Stadtökonomie krisenanfälliger und vernichten urbane und selbstbestimmte Arbeitsplätze.
9. STADTVERKEHR. Stadtstraßen statt Autoschneisen
Stadtstraßen sind vielfältige und wohlgestaltete Aufenthaltsräume, die neben den verschiedenen Arten des Verkehrs auch dem Einkaufen, dem Spazieren, dem sozialen Kontakt, der politischen Manifestation und dem Vergnügen dienen. Monofunktionale Autoschneisen und Fußgängerzonen zerstören die Stadt.
10. STÄDTISCHE UMWELT. Nachhaltig bauen statt schnell verpacken
Die Nachhaltigkeit der städtischen Umwelt entsteht durch umfassende und solide Dauerhaftigkeit und Urbanität. Die Reduktion der notwendigen Energieeinsparungsmaßnahmen auf ölbasierte Wärmedämmverpackungen und solitäre Energiehäuser schafft die Umweltprobleme von morgen.